Die Weiße Frau von Melsungen │ Eine Legende

Ich liebe Mythen und Legenden. Weiße Frauen gibt es in vielen Regionen. Eine der bekanntesten Legenden um eine Weiße Frau ist im Ebersberger Forst angesiedelt. Die Geschichten sind vielfältig. Mal erschrecken die Geister die Menschen, manchmal helfen sie und einige Geistwesen wandeln ruhelos umher. Typischerweise kommen in vielen Geschichten folgende Punkte vor, die per se einen Gruselfaktor liefern: Nebel, Wald, Nacht oder Stimmen aus dem Nichts.

Doch bevor ich euch die Legende erzähle, erstmal ein paar Fakten zum Ort des Geschehens: der Hospitalkapelle St. Georg in Melsungen.

Hospital St. Georg

1303 wurde die Hospitalskapelle St. Georg in der Hospitalstraße 18 in Melsungen erstmals urkundlich erwähnt. Es handelte sich um einen romanischen Fachwerkbau, der auf den Grundmauern einer nicht mehr vorhandenen, alten Kirche erbaut wurde. Im Laufe der Zeit verfiel es.

Im Jahr 1789 wurde auf dem Grundstück das Hospital St. Georg errichtet. Immer wieder musste das Gebäude, dass heute zu den ältesten, erhaltenen der Stadt gehört, renoviert und saniert werden, um es vor dem Verfall zu retten. Heute gehört die Kapelle zur evangelischen Kirche. Neben Gottesdiensten werden hier Ehen geschlossen und Taufen zelebriert.

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Hospitalskapelle »St. Georg« Melsungen

Um die Kapelle ranken sich Geschichten. Und wer weiß, ob sie nicht wahr sind. Steckt nicht in jeder Legende auch ein bisschen Wahrheit?

Die Weiße Frau Iduberga von Dörnberg

Iduberga von Dörnberg entstammte dem Adelsgeschlecht der Freiherren von Dörnberg, einem althessischen Rittergeschlecht. Sie wuchs in Melsungen auf und hatte ein gutes Herz. Ihre Passion war die Pflege und Speisung der Armen und Kranken. Leider konnten viele Leiden weder geheilt noch gelindert werden.

Im Frühjahr 1626 lernte Iduberga den Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel (genannt: der Gelehrte) kennen als dieser durch die Provinz reiste. Landgraf Moritz begeisterte sich für Naturwissenschaften und Alchemie. In Iduberga fand er eine gleichgesinnte Seele. Die beiden führten im guten Glauben an Heilung durch pharmazeutische Mittel Experimente an Patienten des St. Georgs Hospitals durch. Ihre Leidenschaft galt dabei ein Heilmittel gegen das »Antoniusfeuer«¹ zu finden. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die durch mit Mutterkorn verunreinigtem Getreide ausgelöst wird.

Iduberga und Moritz erkannten, dass besonders viele Menschen am Antoniusfeuer erkrankten, wenn sie Getreideprodukte zu sich nahmen. Erkrankten empfahlen sie den Verzicht auf Brot, Gebäck und Breien. Solange die Kranken noch im Anfangsstadium waren, konnten sie durch diese Therapie geheilt werden. Andere Kranke in späteren Stadien der Erkrankung konnten sie zumindest Linderung und Lebensverlängerung angedeihen lassen.

Und auch körperlich kamen sich die beiden näher. Landgraf Moritz war zwar in zweiter Ehe verheiratet und hatte jede Menge Nachkommen, doch wenn er in Melsungen weilte, konnte er sich dem Charme und der Anmut Idubergas nicht entziehen.

Es kam wie es kommen musste. Iduberga von Dörnberg wurde schwanger von Moritz. Die Experimente an Menschen machten Fortschritte, waren der Kirche jedoch ein Dorn im Auge. Erzbischof Georg Friedrich von Greiffenclau zu Vollrads bekam Wind vom Treiben in Melsungen. Das wollte er nicht hinnehmen. Menschen sollten der Kirche glauben, auf Gott vertrauen und nur durch Gebete geheilt werden.

Hexenprozesse waren zu dieser Zeit im vollen Gange und so wurde Iduberga von Dörnberg nach Fritzlar zum Erzbischof zitiert. Sie wurde verhört und gefoltert. Sie sollte dem Dämon abschwören. Sie bestand die Paternosterprobe. Dies sah der Erzbischof jedoch als Beweis einer noch schwerwiegenderen Verbrüderung mit dem Teufel an und so kam es zur Wasserprobe. Iduberga, die natürlich nicht schwimmen konnte, kam noch dreimal an die Wasseroberfläche der Eder hoch, bis sie ertrank.

Noch heute soll Iduberga zwischen Mitternacht und 1 Uhr morgens am Hospital St. Georg als Weiße Frau zu sehen sein. Sie wimmert und sucht nach ihrem Kind. Auffällig an Idubergas Geist ist ein rötlicher Streifen auf ihrem Rock. Dieser soll vom Abgang des Fötus im eiskalten Wasser der Eder zeugen.

Mehr über Melsungen und seine Sehenswürdigkeiten findest du auf meinem Blog.

¹ Ergotismus│Antoniusfeuer bei wikipedia

Update 2. April 24

April, April!

Hat euch die Legende um Iduberga von Dörnberg gefallen? Das freut mich. Allerdings habe ich diese Geschichte frei erfunden.
Tatsächlich gibt es zwar die Familie von Dörnberg. Es gibt auch die Hospitalkapelle St. Georg in Melsungen. Aber Iduberga gab es nicht und es gibt auch keine Legende um eine Weiße Frau in Melsungen.
Doch wie in vielen Regionen gab es Hexenprozesse auch in Nordhessen, vor allem in Fritzlar.

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